Community Manager – ein Interview mit Tanja Knorr-Sobiech von der Robert Bosch GmbH
Das Social Media Balloon Team spricht im Interview mit Tanja Knorr-Sobiech von der Robert Bosch GmbH über ihre Arbeit als Community Manager bei Bosch. Außerdem gibt Tanja Knorr-Sobiech ihre wertvollen Erfahrungen im Bereich Community Management weiter. Zusätzlich erläutert sie uns, welche Aspekte für den Erfolg einer Community entscheidend sind.

Social Media Balloon: Seit wann sind Sie bei der Robert Bosch GmbH tätig und wie kamen Sie zum Community Management?
Tanja Knorr-Sobiech: Ich bin seit 1996 bei Bosch tätig, das sind mittlerweile auch schon fast 18 Jahre. Ich war sehr lange Assistentin des kaufmännischen IT Vorstandes, bevor ich in Elternzeit gegangen bin. Bei meiner Rückkehr in 2012 startete Bosch gerade das große Enterprise 2.0 Projekt und meine ehemaligen Vorgesetzten boten mir als Wiedereinstieg an mich im Community Management zu probieren. Als Assistentin hat man meist ein großes Netzwerk und ohnehin ausgeprägte soziale Kompetenzen. Außerdem war ich schon immer Social Media begeistert und mit meinen Chefs auch über Facebook in Kontakt. So konnte ich Beruf und Hobby miteinander verbinden.
Ich habe dann, als eine der ersten bei Bosch, als Junior Community Manager angefangen. Nur mit ein paar Stunden pro Woche. Das wurde aber schnell mehr. Wenn`s halt auch so einen Spaß macht :). Ein Jahr später folgte Bosch intern die Zertifizierung zum Senior Community Manager und seit kurzem bin ich bei Bosch der erste Chief Community Manager und damit für den ganzen IT Geschäftsbereich für dieses Thema verantwortlich. Gerade bin ich dabei hierzu mein Netzwerk in Amerika und Asien auszubauen um ein Train the Trainer Konzept zu verwirklichen. Innerhalb des IT Geschäftsbereiches sind es derzeit praktisch ca. 150 Community Manager (Junior und Senior) die ich unterstützen darf.
Social Media Balloon: Können Sie uns einen kurzen Einblick in das Thema Community Management gewähren?
Tanja Knorr-Sobiech: Im Endeffekt ist der Community Manager verantwortlich für einen kompletten Community Lifecycle, sprich von Aufbau bis Ende. Die Themen Kommunikation, Open Thinking, Transparenz und Wissensaustausch werden immer wichtiger, um effektiver zu arbeiten, gerade im weltweiten Kontext. Bei Bosch wird dazu die Plattform Bosch Connect eingesetzt. Dort hat jeder Mitarbeiter ein eigenes Profil und kann aktiv in Communities mitarbeiten. Oder sogar selbst eine Community eröffnen. Schnell wurde klar, dass eine Community ohne ausgebildeten Community Manager nicht wirklich viel Mehrwert bringt. Dies fängt schon bei der Idee zu einer Communtiy an. Der Community Manager entwickelt gemeinsam mit den Community Ownern oder Communtiy Sponsoren ein Konzept wie das Projekt, der Prozess, die Abteilungscommunity etc. in Bosch Connect abgebildet werden kann. Es wird auch eine Motivations- und Stakeholderanalyse dazu gemacht. Das Konzept ist einer der wichtigsten Arbeiten. Wenn es richtig gut gemacht ist, ist die Arbeit später im „Workingmode“ leichter und die Community insgesamt erfolgreicher.
Der Community Manager ist dann eben dafür verantwortlich, die Community aufzubauen, das Design zu gestalten, Prozesse abzubilden, mit Stakeholdern abzustimmen. Er macht einen Ramp-Up Plan der z. B. auch beinhaltet wie die Mitglieder hinzugefügt werden sollen. Er macht das Marketingkonzept und die Marketingumsetzung für die Community. Auch werden im Vorfeld Überlegungen zu den Key Performance Indikatoren getätigt. Wann ist meine Community denn dann erfolgreich, etc.? Wenn sie aktiv ist versteht sich der Community Manager auch als Redakteur und leitet den Editorialplan. Die Community Mitglieder sollen sich möglichst wohl fühlen. Das lässt sich gut mit einem Hotelbetrieb vergleichen. Er sorgt für Ordnung, moderiert und ist natürlich selbst aktives Mitglied. Neue Mitglieder wollen begrüsst und „abgeholt“ werden. Ebenso wird ein regelmäßiger Check durchgeführt ob die Community noch zum Konzept passt und umgekehrt. Ggf. muss sie überabeitet, angepasst werden oder bei Nicht-Erfolg eben dann gelöscht werden. Als Community Manager ist man auch Repräsentant der Community und für das Reporting an die Stakeholder und für Präsentationen zuständig.
Zusammenfassend kann ich sagen, der Community Manager ist der Projekt Manager für den kompletten Community Lifecycle.
Social Media Balloon: Man merkt, dass Sie sehr begeistert sind von dieser ganzen Thematik. Was fasziniert Sie so am Community Management?
Tanja Knorr-Sobiech: Community Manger ist einfach der perfekte Beruf für mich. Nicht nur weil der Beruf so wahnsinnig viele Facetten hat. Ich war vorher Assistentin, habe immer schon gerne mit Menschen zusammen gearbeitet und hatte Freude daran, Dinge zu verändern und Kollegen zu helfen. Ich bin sehr Social Media affin und nutze die sozialen Netzwerke auch privat sehr häufig. So kann ich quasi privates mit beruflichem verbinden und auch noch etwas Gutes für Bosch tun. Und das tolle an dem Enterprise 2.0 Thema ist einfach, dass man nun Menschen dazu bewegen kann, sich zu verändern um den Bosch zu verändern. Ich kann also richtig was bewegen und Mehrwert leisten.
Auch machte es einfach Spaß den Kollegen Enterprise 2.0 und die Vorteile für sie näher zu bringen. Sie mit der Begeisterung anzustecken.
Social Media Balloon: Es gibt Communitys in den Social Media Kanälen und firmeninterne Communitys. Können Sie uns die Unterschiede zwischen einem externen und einem internen Community Manager erläutern?
Tanja Knorr-Sobiech: Interne Community Manager sind Enterprise 2.0 Community Manager. Man nennt sie auch Corporate Community Manager – wie ich es einer bin. Externe Community Manager gibt es bereits viel länger. Dazu gehören diejenigen, die sich um die externen Kanäle wie beispielsweise Facebook, Twitter oder Seiten wie Holidaycheck oder Motortalk kümmern. Das ist alles Community Management und wir haben uns hierzu auch schon mit externen Community Managern ausgetauscht. Es gibt eine Überschneidung der Aufgaben von ca. 70%. Im externen Community Management ist Marketing und Werbung natürlich ein großer Teil – natürlich müssen diese Communities Umsatz generieren. Auch „Gesetze“ müssen beachtet werden, etc. Jedoch ist es im externen Umfeld leichter Mitglieder zu gewinnen, denn sie kommen i.d.R. von alleine und sind oft auch anonym. Das macht es den Mitgliedern leichter beizutreten.
Beim internen Community Management ist es schwerer. Es steht ein Name dahinter und eine Profilseite zu dem ein Arbeitsvertrag gehört. Es ist teilweise schwierig Mitglieder zum Mitmachen zu gewinnen weil sie mit der neuen Arbeitsweise einfach nicht zurechtkommen. Es muss sehr guter Inhalt und Mehrwert produziert werden.
Social Media Balloon: Welche Schritte sind zwingend notwendig, um erfolgreich eine Community einrichten zu können und über welche Punkte sollte man sich im Vorfeld im Klaren sein?
Tanja Knorr-Sobiech: Es ist dazu wichtig, den Lifecycle einer Community zu betrachten. Dieser geht von der Idee, übers Konzept, der Creation, dem Ramp-Up, dem Go-Live, dem Working-Mode über den Check und ggf. bis zur Schließung einer Community.
Im Endeffekt sind alle diese Schritte wichtig. Ich würde jedoch den Fokus auf das Konzept legen. Denn eine Community muss sich verändern können, sie muss wachsen können und sich weiter entwickeln und trotzdem muss es sauber aufbereitet sein. Das ist der wichtigste Aspekt. Für die Mitglieder ist es auch sehr wichtig, dass die Community eine saubere Struktur hat und leicht zu bedienen ist. Denn wenn die Community so gestaltet ist, dass sich die Mitglieder einfach zurecht finden, ihre Möglichkeiten und auch die Ansprechpartner kennen, fällt die Beteiligung leichter.
Außerdem ist es wichtig, die Mitgliedschaft zum Beispiel in einer Abteilungscommunity nicht aufzuzwingen, sondern die Mitglieder selbst „kommen“ zu lassen. So nehmen sie die Community aktiv wahr und nicht als Spam-Einladung in ihrer Inbox.
Social Media Balloon: Sie haben erläutert, welche Aufgaben ein Community Manager hat. Nun stellt sich die Frage, wie groß der Zeitaufwand für die Pflege im Betrieb einer Community ist?
Tanja Knorr-Sobiech: Mein Zukunftsbild ist so, dass jeder Projektleiter seine komplette Projektarbeit über eine Community abwickeln kann. Dann ist es für diesen eine tägliche Arbeit und eine Unterscheidung in was ist Projekt und was ist Community Pflege ist dann schwierig.
Beim Community Management habe ich für mich eine Faustregel gefunden: je 100 Mitgliedern werden 10% der wöchentlich zur Verfügung stehenden Zeit als Kapazität vom Community Manager benötigt (bei 200 Mitgliedern 20 %, etc.). Es gibt natürlich verschiedene Phasen, in der einen wird mehr, in der anderen weniger Zeit benötigt. Aber generell kann man sagen, dass sich dieser Ansatz bewährt hat. Wenn also eine Community 1.000 Mitglieder hat, wird ein Vollzeit Community Manager benötigt. Natürlich nur dann, wenn es eine Community sein soll, die wirklich läuft. Selbstverständlich gibt es auch Ausnahmen – dies ist nur ein Richtwert.
Social Media Balloon: Welches ist der wichtigste Aspekt, damit eine Community erfolgreich wird?
Tanja Knorr-Sobiech: Eine Community braucht einen Community Manager, der jeden Tag aktiv ist. Er muss aktives Mitglied sein. Das heißt, dass er neue Mitglieder begrüßt und diesen erklärt, wo sie was finden und wie die Regeln in der Community sind. Dies geht beispielsweise auch über einen Blogeintrag, der dies erklärt und die neuen Mitglieder bekommen dann eine Begrüßungsnachricht mit einem Link zum Erklärungseintrag. Dann sollte er das Forum überwachen, aktiv für Content sorgen. Immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Kreativ sein und viel netzwerken 🙂. Verlinkungen zu wichtigen Themen oder anderen Communities pflegen und posten. Fragen beantworten oder das Antworten an andere delegieren. Und bitte einfach eine nette Art haben die authentisch ist.
Social Media Balloon: Gibt es Community Manager als Berufsbild und wie konnte dieses Thema bei Bosch so etabliert werden?
Tanja Knorr-Sobiech: Bosch hat einfach sehr schnell die Wichtigkeit dieses neuen Berufes erkannt. Der Community Manager bei Bosch geht mit den Zertifizierungen bis in den außertariflichen Bereich und demnächst gibt dafür auch eine Beschreibung im Bosch ERA-Tarifvertrag. Das Thema wurde vor allem von unserem Zentralprojekt für Enterprise 2.0 und der Kollegin Katharina Perschke vorangetrieben. Sie hat auch in Zusammenarbeit mit dem BVCM (Bundesverband der Community und Social Media Manager), bei dem auch ich Mitglied bin, und einigen Kollegen die Zertifizierung ins Leben gerufen und ausgearbeitet.
Social Media Balloon: Noch eine Frage zu unserem aktuellen Thema auf dem Blog: Wie erleben Sie die Möglichkeiten bei der Robert Bosch GmbH eine ausgeglichene Work Life Balance zu erhalten?
Tanja Knorr-Sobiech: Ich muss sagen, dass ich das bei Bosch unglaublich positiv empfinde. Ich darf (laut Vertrag) 95% meiner Arbeitszeit von zu Hause aus arbeiten, da ich am Bodensee wohne ist das für mich ein sehr wichtiger Aspekt. Ich bin dann alle vier Wochen, je nach Terminen auch mal öfter, in Stuttgart und arbeite wegen meinem 3-jährigen Sohn nur 28 Stunden in der Woche. Ich kann dann pünktlich um 14 Uhr gehen und meinen Sohn vom Kindergarten abholen. Häufig arbeite ich dann abends noch einmal von zu Hause aus. Aber da der Community Manager Beruf durch die Online-Tätigkeit an sich sehr flexibel ist, ist er sehr gut dafür geeignet, von zu Hause aus zu arbeiten.
Vor Ort in Stuttgart habe ich eine bessere Kinderbetreuung und habe genug Zeit alle Face-2–Face Termine abzuhalten.
Das Social Media Balloon Team bedankt sich für dieses aufschlussreiche und informative Interview.
Das Interview wurde geführt von Rebecca Lesiewicz.
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