Defekte Spiegelneurone bei Autismus?

Defekte Spiegelneurone bei Autismus?

– Neue Erkenntnisse in der Forschung eröffnen Millionen Menschen den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt

 

Warum müssen wir gähnen, wenn jemanden in unserer Nähe gähnt? Warum kann Lachen ansteckend sein? Verantwortlich dafür sind die sogenannten Spiegelneurone. Inwiefern diese Spiegelneurone bei Autisten beeinträchtigt sind und welche Therapiemöglichkeiten es gibt, hat Prof. Dr. Ahmed A. Karim, Lehrbeauftragter der SRH Fernhochschule und Leiter der Hochschulzertifikate „Wald und Gesundheit“ und „Waldtherapie“, zusammen mit einem internationalen Forscherteam aus Deutschland, Frankreich und Australien untersucht.

 

Prof. Dr. Ahmed A. Karim, Lehrbeauftragter der SRH Fernhochschule und Leiter der Hochschulzertifikate „Wald und Gesundheit“ und „Waldtherapie“

Prof. Dr. Ahmed A. Karim, Lehrbeauftragter der SRH Fernhochschule, im Interview über Spiegelneurone
Prof. Dr. Ahmed A. Karim, Lehrbeauftragter der SRH Fernhochschule, im Interview über Spiegelneurone

Wir freuen uns sehr Herrn Prof. Dr. Ahmed A. Karim als Interviewpartner von Prof. Dr. Sonja Salmen im Social Media Balloon begrüßen zu dürfen.

 

Prof. Dr. Sonja Salmen: „Auf welchen Erkenntnissen basiert Ihre Forschungsstudie?“

Prof. Dr. Ahmed A. Karim:

„Nun in den 60er Jahren entdeckte der italienische Gehirnforscher Giacomo Rizzolatti die sogenannte Spiegelneurone in den Gehirnen von Affen, die sowohl aktiv werden, wenn ein Affe eine bestimmte Mimik zeigt, aber auch wenn er diese Mimik in einem anderen Gesicht sieht. Wenn wir jemanden sehen, der gähnt oder lächelt, werden in unserem Gehirn weitgehend die gleichen Neurone aktiviert, wie wenn wir selber gähnen oder lächeln. Unsere Fähigkeit, Emotionen von Gesichtsausdrücken nicht nur zu erkennen, sondern auch nachzuempfinden, ist eine wichtige Voraussetzung für Empathie und angemessene soziale Interaktionen.“

Prof. Dr. Sonja Salmen: Welche konkreten Erkenntnisse konnten Sie gewinnen?

Prof. Dr. Ahmed A. Karim:

„Unsere Forschungstudie „Social decision making in autism: On the impact of mirror neurons, motor control and imitative behaviors “ [1]gezeigt, wie verschiedene Unterformen von Autismus erkannt und therapiert werden können. Manche Patienten, die unter Asperger-Autismus leiden, vermeiden es zum Beispiel während der Kommunikation in das Gesicht des Gegenübers zu schauen und haben erhebliche Schwierigkeiten damit, von der gezeigten Mimik die entsprechenden Emotionen zu erkennen.

„Wir konnten computerbasierte Tests entwickelt, die standardisiert messen können, wie gut Asperger Patienten Emotionen aus Gesichtsausdrücken erkennen können. Es gibt Patienten, die Emotionen zwar anhand der Mimik erkennen können, aber selbst keine emotionale Mimik zeigen. Bei einer weiteren Unterform von Autismus haben Patienten Defizite in der Wahrnehmung von Temperatur oder zeigen stereotype rigide Verhaltensweisen. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass jede Unterform mit bestimmten neurobiologischen Veränderungen im Gehirn einhergehen.“

Prof. Dr. Sonja Salmen: „Gibt es Hoffnung, dass bald Therapien angeboten werden können, die eine Linderung der Symptome für die Betroffenen ermöglichen?“

Prof. Dr. Ahmed A. Karim:

„Das menschliche Gehirn ist plastisch veränderbar und durch entsprechendes Training können diese Defizite sowohl in den Spiegelneurone als auch auf Verhaltensebene deutlich gelindert werden. Das haben wir bei vielen unseren Patienten erlebt. Daher gilt es für die weitere Forschung, die diversen Unterformen von Autismus intensiv zu analysieren. Je besser wir die Pathophysiologie dieser Unterformen verstehen, umso mehr können wir künftig maßgeschneiderte Therapien entwickeln.“

Prof. Dr. Sonja Salmen:

„Auf 1 Prozent wird der Anteil der Autisten in der Bevölkerung geschätzt. Derzeit gibt es noch sehr wenige Unternehmen, die wie der Walldorfer Softwarekonzern SAP mit dem Programm „Autismus at work“  Betroffene in den normalen Arbeitsprozess beispielweise als Software-Entwickler, in Service und Support sowie IT-Security einbinden. Ich bin der Überzeugung, wenn zukünftig ihre Therapien eine Inklusion erleichtern, wird der akute Fachkräftemangel, durch Aktivierung dieser bis dato brachliegenden überdurchschnittlich intelligenten Workforce; auch von mittelständischen Unternehmen in Angriff genommen werden können.

Wir danken Ihnen sehr für diese ermutigende Einblicke in ihre Forschungsergebnisse und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.“

 

Literaturhinweis:

Khalil R, Tindle R, Boraud T, Moustafa AA, Karim AA. Social decision making in autism: On the impact of mirror neurons, motor control, and imitative behaviors. CNS Neurosci Ther. 2018; 24:669–676. https://doi.org/10.1111/cns.13001

[1]Khalil R, Tindle R, Boraud T, Moustafa AA, Karim AA. Social decision making in autism: On the impact of mirror neurons, motor control, and imitative behaviors. CNS Neurosci Ther. 2018; 24:669–676. https://doi.org/10.1111/cns.13001

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