Call it storytelling or call it content marketing – we call it Public Relations
Veit Mathauer ist einer der beiden Geschäftsführer der Sympra GmbH aus Stuttgart. Er ist Wirtschaftswissenschaftler, Journalist, PR-Mensch, Boardmitglied im internationalen Public Relations Network (PRN) und seit einiger Zeit auch Blogger. Am 17. Dezember 2015 war er an der Hochschule Heilbronn mit seinem Gastvortrag „Call it storytelling or call it content marketing – we call it Public Relations“ zu Besuch. Die Studierenden bekamen einen Einblick in das Berufsleben eines Public Relations Managers und dessen Aufgaben. Wie geht man mit einem Shitstorm um? Welche Maßnahmen werden ergriffen? Diese und ähnliche Fragen hat Veit Mathauer dem SocialMediaBalloon im Anschluss an seinen Gastvortrag in einem Interview beantwortet.

Sonja Salmen: Im Zeitalter des Internets ist alles miteinander verknüpft. Gibt es viele Probleme, Herausforderungen oder Chancen und wie wird sich die PR (Public Relations) Arbeit in den nächsten Jahren entwickeln?
Veit Mathauer: Das sind große Herausforderungen für die PR. Eine Vielzahl an Medien steht uns zur Verfügung, die wir als PR-Treibende berücksichtigen müssen. Den Überblick zu behalten ist sehr schwierig. Man muss die geeigneten Medien identifizieren und wissen, wie sie funktionieren. Früher waren es ein paar 100 Printmedien, wie Tageszeitung oder Fachmedien, die wir bedient haben. Heute existieren diese Medien immer noch, aber in geringeren Auflagen. Wir haben bewegte Bilder, soziale Plattformen, Nachrichtendienste, Messengersysteme und weitere Dienste. Diese neuen Plattformen setzt man parallel ein, um die Botschaften zielgruppengerecht aufzubereiten. Diese Masse von unterschiedlichen Kanälen und Plattformen zu beherrschen ist eine große Herausforderung.
Sonja Salmen: Weil überall andere Formate und andere Zielgruppen existieren, werden diese entsprechend dem Content präsentiert. Der PR-Manager der Zukunft muss ein Multitasking-Manager sein!
Veit Mathauer: Der PR-Manager der Zukunft muss sich in vielen Bereichen auskennen. Er muss als Projektleiter immer wissen, welche Kanäle sich anbieten, Ideen haben, wie eine Infografik für Pinterest aufbereitet wird, wie ein Text geschrieben werden muss und welchen Inhalt ein Erklär-Video oder ein Interview haben muss, um diese Botschaften zielorientiert an die Öffentlichkeit zu bringen.
Sonja Salmen: Also ist es auch eine interdisziplinierte Ausbildung, die er genießen müsste?
Veit Mathauer: Zu meiner Zeit gab es kaum eine Ausbildung zum PR-Manager. Viele waren Quereinsteiger, die durch Praktika oder durch Redaktionstätigkeiten diese Eigenschaften bzw. Fähigkeiten erlernt haben. Heute werden viele Ausbildungsplätze und Studiengänge in Bereich Public Relations angeboten, die sehr stark konzeptionsorientiert sind. Wir brauchen PR-Manager, aber auch Social-Media und Community Fachleute, die entsprechende Eigenschaften und Kenntnisse mit sich bringen. In den letzten 15 Jahren hat sich PR sehr stark entwickelt. Früher hat man nur Pressemeldungen an Medien verschickt. Heute machen wir zusätzlich internationale Wettbewerbe, lassen Bilder malen, um komplexe Sachverhalte für die interne Kommunikation aufzubereiten, erstellen Erklärvideos, um beispielsweise die Funktion von Biomarkern zu erläutern, machen Krisenkommunikationen, wenn eine Bäckereikette Insolvenz anmeldet, und nutzen das Bild als Instrument, um Botschaften zu transportieren.
Sonja Salmen: Sehr interessant und abwechslungsreich, das was Sie leisten. Es ist eine große Herausforderung, viele dieser Disziplinen zu beherrschen und mit verschiedenen Typen zu kommunizieren und von deren Sicht die Problemstellung zu erkennen und zu lösen.
Ein weiteres Problem ist die aktuelle Krise bei VW. Glauben Sie, dass dies von den Managern gut gelöst wurde oder könnte man das besser machen?
Veit Mathauer: Einen Vertrauensverfall wieder hinzubiegen ist sehr schwierig. Ich glaube, dass die PR-Verantwortlichen von VW einen guten Job geleistet haben. Es gab eine Anzeige in einer Tageszeitung, in der sie sich für das Fehlverhalten entschuldigt haben. Ich hätte das auch so gemacht!
Egal was sie machen und leisten, sie haben einen schweren Stand, da die Lage sehr schlimm ist. Als PR-Manager müssen Sie dafür sorgen, dass Sie den Schaden begrenzen.
Sonja Salmen: Glauben Sie, dass VW kein gutes Reputationsmanagement hat?
Veit Mathauer: Verantwortlich für dieses Fehlverhalten war eine kleine Gruppe von Ingenieuren. Jedoch musste die Verantwortung dafür der Vorstandsvorsitzende übernehmen. Generell gilt, dass ein PR-Team sich für die Vorfälle entschuldigen, Vertrauen aufbauen und Schaden eingrenzen soll, aber das Fehlverhalten von Mitarbeitern können sie nicht „schönreden“. Man sollte nicht vergessen, dass PR nur ein Teil einer Unternehmensstrategie ist. PR ist nicht DIE Unternehmensstrategie. Letztendlich muss der Vorsitzende eines Managements unternehmerisch handeln, eine gemeinsame Entscheidung treffen und dementsprechend die geeigneten Maßnahmen einhalten.
Sonja Salmen: Was würden Sie einem Unternehmen, das einen beginnenden Shitstorm erkannt hat, an wichtigen Schritten empfehlen und weitergeben? Gibt es überhaupt eine Vorbereitung, damit ein Shitstorm nicht eskaliert?
Veit Mathauer: Jedes Unternehmen sollte ab einem bestimmten Bekanntheitsgrad ein Krisenkommunikationskonzept vorbereiten. Unternehmen wie Nestlé, Deutsche Bahn oder VW bieten eine größere Angriffsfläche. Ein Großunternehmen ist also anfälliger für einen Shitstorm als ein kleines mittelständisches Unternehmen. Manchmal reagiert das Management nicht auf negative Äußerungen, da die Reaktion manchmal darauf erst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit anregt und der Shitstorm eskaliert. Wenn man aber feststellt, dass eine Gefahr besteht, sollte man sofort reagieren und sich an die Öffentlichkeit wenden. Transparenz zu schaffen kann das Vertrauen der Kunden stabilisieren. Dies ist die beste Möglichkeit, einen Shitstorm zu stoppen beziehungsweise zu lindern.
Wir bedanken uns bei Veit Mathauer für seinen Gastvortrag und das anschließende Interview.
Prof. Dr. Sonja Salmen mit SocialMediaBalloon Team